Die Nordlicht Eins glitt friedlich durch Crusaders Atmosphäre. Ein fantastisches Naturschauspiel. Ich sehe es, erkenne wie schön es ist, doch es berührt mich heute kaum. Meine Gedanken kreisen. Die letzten Wochen waren ereignisreich und anstrengend. Geschäftstreffen mit potientiellen Partnern und Kunden. Dazwischen quetschte ich die Vorarbeit für die Kreuzfahrttouren. Einmal kam es zu einer Schießerei zwischen Verbrechern und einem Kopfgeldjäger, als ich gerade eine Höhle als potentiellen Ausflugsziel erkundete. Dann war da noch ein Satellit, den ich für die ICC mit John Brubacker aussetzte. Er verschwand praktisch vor unseren Augen. Zuletzt kam noch die Xenothreat Invasion. Der unötige Unfall mit der Cutlass Black. Vielleicht werde ich alt. Ich bin müde.
Der Copilot macht ein paar Einstellungen, dann nickt er mir zu.
"Alles klar Friedrich, ich bin so weit und ich glaube du musst nach unten."
Ich richte das Schiff aus und genieße noch einen Moment die ehrfurchtgebietende Aussicht, dann transferiere ich ihm die Steuerung. "Dein Schiff." Ich klopfe dem Copiloten noch auf die Schulter. Dann mache ich mich auf den Weg zu der Konferenz ein Deck tiefer.
Die Ausicht dort ist ähnlich spektakulär, doch auch hier hat keiner der Anwesenden einen Blick dafür. Ich lasse kurz den Blick über die Anwesenden schweifen. Kora Engström, Steven Torres und Laurin O'Graynes schauen mich erwartungsvoll an. Sie wirken angespannt und gereizt. Viel habe ich in den letzten Monaten von Ihnen verlangt. Viel werden wir noch leisten müssen. Ich habe die Entscheidung nach Stanton umzuziehen nicht bereut. Ich hoffe sie haben es nicht bereut mitzukommen.
Ich setze mich. "Also gut Leute. Der Linienverkehr Port Tressler, Everusläuft so weit. Mit den Dockingtunneln gab es jetzt auch weniger Probleme. Nun wird es Zeit unsere Kreuzfahrten wieder zu beginnen."
"Friedrich. Meinst du wirklich es ist eine gute Idee die Helldiver mit der Security zu beauftragen? Wir kennen Sie kaum und ich fürchte es wird auch teuer. Unsere Rücklagen schrumpfen bedenklich."
Ich weiß genau wie sehr es Kora wurmt, dass wir nun externe Sicherheitsdienstleister engagieren müssen. "Kora. Steven. Ihr beide leistet hervorragende Arbeit, aber ihr wisst, wie unser Team seit dem Umzug geschrumpft ist. Stanton ist nicht Ellis. Wir brauchen Partner vor Ort. Das mag teuer sein, aber wenn wir hier bei der Sicherheit sparen kann es Zwischenfälle geben. Ich riskiere nicht unseren Ruf. Das käme uns weit teurer zu stehen. Brubacker hat mir auch bestätigt, dass die Jungs ihr Handwerk verstehen."
"Brubacker!"Kora rollt mit den Augen. "Was hast du nur mit diesem Journalisten? Seine Geschichte klingt doch arg schräg. Ich könnte ein paar Advocacy Kontakte nutzen und ihn etwas durchleuchten..."
Ich unterbreche sie. Ruhig aber bestimmt."Nein. Das will ich nicht. Kümmer du dich mit Laurin um mehr Unterstützung für die Sicherheitspetition an Pax Humana. Ich wüsste, nicht warum John mir einen Bären aufbinden sollte."
"John. Aha soweit ist es..." Ich überhöre Koras Kommentar und fahre fort.
"Also wie gesagt. Ich habe nicht den Eindruck, dass John falsch spielt. Aber lassen wir das. Das Thema ist erledigt. Weiter. Wie steht es mit der ENOK?"
Die Stimmung ist angespannt. Jetzt wo wir über John Brubacker reden, muss ich dran denken, wie ich uns beide mit der Cutlass Black ENOK im Nebel voll gegen einen Asteroiden geflogen habe. Ärger, Wut und Scham mischen sich in mir. Es war ein dämlicher lebensgefährlicher Fehler.
Steven schaut auf sein Mobi.
"Tja, das wird noch ein wenig dauern. Du warst echt gründlich, aber in drei Wochen sollte sie wieder fliegen. Allerdings solltest du Garnsky ein paar Monate aus dem Weg gehen." Trocken. Keine Ironie, kein süffisantes Lächeln, kein Vorwurf. Steven wie er leibt und lebt.
"Okay, dann zu deiner geliebten Petition. " Kora reißt sich merklich zusammen und es tut mir leid sie so abgekanzelt zu haben. In Ellis hatte sie eine schlagkräftige Sicherheitstruppe aufgestellt doch kaum einer machte den Wechsel nach Stanton mit. Dennoch folgte sie mir ohne auch nur die Option zu erwägen, Nordlicht den Rücken zu kehren. Sie fährt fort "Auch wenn es mir nicht gefällt, aber ich denke du hast Recht. Crusader kann die Petition nicht mit offenen Sanktionen beantworten. Deine Mail an die PR ist ein unnötiger Seitenhieb aber ohne Konsequenzen. Crusader wird die Initiative komplett ignorieren. Wie der Rest der Branche auch."
Ich nicke stumm. "Und dennoch will ich sie einreichen. Sie ist mein Beitrag, ein Angebot für Frieden und Sicherheit. Nicht jeder Funke kann ein Feuer entfachen. Aber ich werde nicht tatenlos in der Kälte sitzen und auf einen Blitz hoffen. Die A2 privat zu verkaufen ist Irrsinn, dass muss doch jeder einsehen. Ich fordere kein Ende der privaten Sicherheitsfirmen, noch nicht mal echte Abrüstung, auch wenn ich das Befürworten würde, sondern nur den Verkauf solcher Zerstörungsmaschinen stärker zu beschränken. Alle beteuern für Sicherheit und Frieden zu brennen und braten sich doch ihr fettes Festmahl auf dem Feuer des Krieges."
"Verbrenn du dir nur nicht die Finger an deinen Metaphern wenn du mit dem Funken des Friedens über den Vulkan deiner Empörung pilgerst um den Scheiterhaufen der Erneuerung zu entzünden. " murmelt Laurin leise doch gut vernehmbar.
Einen Moment ist es still. Dann prusten wir los. Alle zusammen. Ein lautes, gemeinsames, befreiendes Lachen. Es tut gut.
Ich bin stolz auf mein Team und freue mich, es an meiner Seite zu wissen. Wir werden es schaffen. Zusammen. Ich schaue nach draußen und kann sie wieder sehen, kann sie spüren: Diese Schönheit, diese Faszination. Das ist er - mein Funke, der noch nicht verlischt.
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