Arial zeigte sich von seiner besten Seite. Ausgerüstet mit schweren Schutzanzügen, um der zu erwartenden Hitze zu begegnen, flog ich mit Nathan Asada, unserem Sicherheitschef, nach Bezdek rüber, um das Wrack zu suchen. Da uns der letzte Kurs des Schiffes bekannt war rechneten wir nicht damit, lange suchen zu müssen. Und wirklich – nur wenige Kilometer von der Förderstation entfernt lag die zertrümmerte Caterpillar auf einem Berggrat. Dass die Besatzung da fast unverletzt raus gekommen ist, schien ob der sichtbaren Zerstörung wie ein Wunder. Aber auch besser so – einerseits wünsche ich selbst den Piloten der Konkurrenz keinen Schaden und andererseits habe ich keine Lust, hier über Leichenteile zu stolpern.
Der Absturz der Caterpillar war mir weiterhin ein Rätsel – ich kannte Bezdek und bei den hier vorherrschenden Winden fliegt man die Station möglichst hoch an, um nicht in den Boden gedrückt zu werden. Warum also flog dieser Frachter so tief, dass er an dem eigentlich recht flachen Hügel hängen geblieben ist?
Die erhofften Antworten blieben aber zunächst aus. Shubin hatte die Fracht des Wracks bereits geborgen und nur die leere, zerrissene Hülle zurück gelassen. Ich hoffte trotzdem, dass uns der Bordcomputer etwas über die letzte Reise der Caterpillar verraten könnte, weshalb mir Andrew einen kleinen Computer zum auslesen der Daten mitgegeben hatte.
Aber die erste Entdeckung machte Nathan Asada: in einer scheinbar vergessenen Kiste waren Waffen verstaut, die so gar nicht zu einem Frachter passten: Präzisionsgewehre. Welcher Frachterpilot verteidigt sein Schiff mit einem Scharfschützengewehr? Unsere Piloten waren auch bewaffnet. Selbstredend, wenn man in einem so rauen Sektor wie Stanton unterwegs ist.
Aber wir haben ihnen Maschinenpistolen und Revolver gegeben, die sich in der Enge eines Schiffes weit besser machen als ein langes und eher sperriges Präzisionsgewehr.
Auf dem Weg zum Cockpit erwartete uns dann die nächste Überraschung: eine Lasermine, die uns den Weg versperrte.
Shubin hat das Wrack vermint?
Damit war unser Misstrauen endgültig geweckt und wir schlichen bedeutend vorsichtiger als zuvor durch das Wrack. Wir fanden noch schwere Kampfrüstungen, die aber nicht in Shubins offiziellen Farben lackiert waren und ein weiteres Scharfschützengewehr. Was will man auf einem Frachter damit?
Das Cockpit war erstaunlicherweise fast unbeschädigt. Und zu unserer Freude funktionierte auch der Computerkern noch. Während Nathan weiter das Schiff durchsuchte, lud ich die Daten des Bordcomputers herunter.
Viel anfangen konnte ich mit den Daten hier nicht, aber Andrew würde sie in seinem System sicher entschlüsseln können. Auf diese Analyse war ich gespannt.
Der Rückweg zu unserer wartenden Cutlass war anstrengend, da wir diesmal mit reichlich Material beladen waren. Nathan hatte darauf bestanden, die Präzisionsgewehre mitzunehmen und ich wollte eine der Rüstungen als Beweis haben.
*
Die Avenger kam hinter einem Hügel hervor und raste im Tiefflug über uns hinweg. Wir blieben stehen und sahen hinauf.
„Wo kommt der denn her?“
„Weiß ich nicht. Ab zum Schiff!“
Jetzt mussten wir uns beeilen. Die Avenger wendete und überflog uns ein zweites Mal, ohne dass wir deren Lackierung und die Hoheitszeichen erkennen konnten. Im Frachtraum der Cutlass warfen wir unsere Beute auf den Boden und noch bevor ich die Heckrampe ganz geschlossen hatte, ließ Nathan schon die Triebwerke hoch laufen. Ich entschied mich, die Avenger vom Geschützturm aus zu beobachten. Schon auf dem Weg dorthin schlugen die ersten Geschosse in die Seitenwand der Cutlass ein.
„Beeile dich!“ rief Nathan über Funk, als ich bereits in den Turm hinauf fuhr.
Der fremde Pilot hatte sich wohl endlich entschieden anzugreifen und brachte die Avenger hinter uns in Position, während Nathan mit Vollschub auf den Sprungpunkt zuhielt.
Ich drehte den Turm und eröffnete das Feuer. Die ersten Schüsse ließen die Frontschilde der Avenger hell aufleuchten, dann reagierte der Pilot und drehte ab.
Einen Moment hatten wir Zeit, bis er einen neuen Anflug wagte und diesmal aus allen Rohren feuernd auf uns zuhielt. Unsere Schilde konnten die Waffen der Avenger nicht durchdringen, aber dafür haben wir ein paar schwere Treffer gelandet. Eine Spur aus Splittern hinter sich her ziehend drehte der Angreifer ab und einen Moment später sprang Nathan und brachte uns in Sicherheit.
Zurück auf der Raumbasis waren wir noch immer ratlos. Wer war der Angreifer? Ein Plünderer, der ebenso wie wir das Wrack untersuchen wollte? Oder war das ein Söldner im Auftrag Shubins, der das Wrack und seine Geheimnisse bewachen sollte? Dann hatte er seinen Job aber ziemlich schlecht gemacht. Denn wir sind mit zwei Kisten voller Beweismittel und den Daten aus dem Bordcomputer zurückgekehrt.
Und die Analyse der Daten wird uns hoffentlich einen Hinweis darauf geben, was Shubin vor uns zu verbergen trachtet ...