Fortsetzung der Renngeschichte auch verfügbar auf dem Sternenwanderer als Text oder sogar als Podcast vertont von Cartago (unter stories from outer space)
Alles vibrierte. Der Tunnel war erfüllt mit Schwingungen. Ein Dutzend hochgezüchtete
Rennschiffe hingen fast bewegungslos in dem Starttunnel. Fast wie Blätter auf einer ruhigen
Wasseroberfläche wippten sie kaum merklich auf und ab. Ordentlich gestaffelt in zwei
Längsreihen mit zusätzlicher Höhenabstufung. Beinahe hätte es friedlich gewirkt wäre da nicht
der infernalische Lärm gewesen. Wummernd, dröhnend, kreischend und knisternd zugleich
ließen die Rennmaschinen keinen Zweifel daran welch brachiale Kraft sie zu entfesseln bereit
waren.
Husky hasste den Start. Die ersten Sekunden eines Rennens waren die mit Abstand
gefährlichsten. Sein Mund war trocken. Wieder und wieder passte er seinen Griff am
Schubhebel und Steuerknüppel an. Merkte wie er sich verkrampfte und rutschte unruhig im
Pilotensitz der "Flake" hin und her. Sein Blick huschte zum xten Mal über die MFDs. Alles OK.
Die Einstellungen genaustens abgestimmt und hundertfach erprobt.
Nur noch 1 Minute bis zum Start.
Die Startaufstellung entsprach dem MurrayCup Standard. Zwei Längsreihen im Tunnel. Links
die ungeraden Startnummer rechts die geraden. Und jede Reihe immer abwechselnd hoch und
tief gestaffelt.
Husky war an Position 5. Das hieß 3. Stelle in der linken Startreihe, erhöhte Position wie die
M50 von Sarah de Lere in der Poleposition. Zwischen Ihnen, soweit unten, dass er sie über
seinem Instrumentenbrett kaum sehen konnte, schwebte eine Omega. Sie wurde von einem
Banu geflogen, dessen Namen er weder aussprechen noch sich merken konnte. Aus den
Augenwinkeln sah er die rechte Startreihe. M50, 350r und eine Arrow.
Noch 30 Sekunden. Er würde sich zunächst einfach hinter Sarah's M50 klemmen. Vielleicht gab
sie sich doch irgendwann eine Blöße. Draußen vor dem Tunnel kreuzte eine 890Jump zwischen
den glitzernden Fassaden von New Horizon. Das Flaggschiff seines Großvaters? Die Nordlicht
Eins? Husky blinzelte. In der Ferne schimmert das Meer. Husky schloss die Augen und atmete
zweimal tief durch. Dann schloss er den Griff fester um die Flugkontrollen.
Drei. Zwei. Eins.
Mit perfektem Timing riss er den Schubhebel nach vorn und wurde in den Sitz gepresst. Die
Omega verschwand aus seinem Blickfeld. Gleichzeitig wurden Sarahs Haupttriebwerke vor ihm
schnell größer. Offenbar war sie nicht so gut weggekommen wie er. Seine Schilde flackerten
auf, als ionsierte Partikel auf sie trafen. Instinktiv drückte Husky die M50 nach unten tauchte
unter der Racerin durch. Er war nun auf mittlerer Höhe im Tunnel und raste auf den Ausgang
zu. Die aberwitzige Beschleunigung ließ die Welt um ihn verschwimmen. Unbewusst hielt er die
Luft an und rechnete jeden Augenblick mit einer Kollision. Die Omega war außer Sicht. Die
350R rechts neben ihm fiel auch zurück. Dann schoss die Flake aus dem Starttunnel und
passierte den ersten Ring in 2ter Position liegend. Ein Traumstart. Husky nahm die Verfolgung
des einzigen noch vor ihm liegenden Racers auf. Es war Joe Cats in einer blau weißen M50.
Sie schwangen sich in einer leichten Linkskurve hinauf zu Ring 2. Dann ging es beinahe im
Formationsflug rechtsherum und abwärts zu Ring 3.
Husky blickte über Schulter. Das Verfolgerfeld wurde von einer Arrow angeführt. Eng behakt
von Sarah's M50. Dahinter ein 350R und eine Razor. Mehr war nicht zu sehen. Er war 2 Plätze
vor Sarah. Würde sich die Arrow vor ihr halten können. Wohl kaum. Aber das lag nicht in seiner
Hand. Also weiter. Vorwärts.
Nach Ring 3 zog Husky die M50 hart nach oben und gab vollen Schub. Seine Glieder fühlten
sich an als wären sie aus Blei. Ihm wurde schwarz vor Augen. Beinahe verlor er das
Bewusstsein. Er flog an seiner und der Belastungsgrenze seines Racers. Dennoch von Tor zu
Tor gelang es Cats seinen Vorsprung auszubauen. Husky vergaß alle Verfolger. Die beiden
Führenden flogen nun ihre Ideallinie. Kurz hintereinander sausten sie durch einen Ring drifteten
dann ein wenig auseinander wenn jeder seine eigene tausendfach erprobte Route flog um sich
am nächsten Ring wieder zu treffen. Manchmal ähnelte sich ihre Route und sie flogen beinahe
in Formation. Dann wieder wählten sie so unterschiedlich, dass Husky Cats zwischen all den
glitzernden Plattformen fast aus den Augen verlor. Doch spätestens am nächste Ring war er
wieder da. Wieder vor ihm und meist wieder mit ein paar Metern mehr Vorsprung. Husky biss
sich auf die Lippe.
Husky jagte nun durch den Zieltunnel und begann die 2te Runde. Beschleunigen, rollen,
Gegenschub, durch das Tor driften, ausrichten, beschleunigen. Der immer wiederkehrende
Ablauf einer in unermüdlicher Übung einstudierten flüssigen Choreographie die Husky nun in
einer beinahe meditativen Routine abspulte. Trotz der enormen Konzentration und körperlichen
Belastung spürte er ein Gefühl von Vertrautheit und Ruhe. Er entspannte sich ein wenig. Die
Flake rollte nun auf die Seite und schoss gerade steil empor zu Tor 12. Cats hatte bereits einen
deutlichen Vorsprung doch vor Ihnen beiden zeichnete sich eine Rauchspur ab. Sie schlossen
schnell zu der Rauchquelle auf und Husky erkannte, dass es sich um eine beschädigte Mustang
handelte die offenbar weit zurücklag und nun offenbar kurz vor ihnen in den Tunnel schlingerte
um die erste Runde zu beenden. Cats und die Mustang verschwanden im Tunnel. Husky sah
wie Cats M50 auf die Seite rollte und versuchte sich rechts zwischen Tunnelwand und
Munstang durchzuschieben doch die Mustang schlingerte an die Tunnelwand und zwang ihn zu
einer harten Bremsung um nicht zerquetscht zu werden. Husky schloss schnell auf. Über der
Mustang war Platz. Er konnte es schaffen. Die Flake rollte kopfüber an die Tunneldecke
während Cats unter ihm nach links verlagerte. Die Rauchschwaden wurden dichter. Die
Mustang schrammte gegen die Wand. Schilde flackerten auf, Funken sprühten. Über dem
Qualm sah Husky einen kleinen Streifen blauen Himmels vor sich. Immer noch im Rückenflug
schoss die Flake mit vollem Nachbrenner über der Mustang vorbei und aus dem Tunnel. Auch
Cats hatte die Mustang mittelweile überrundet und folgte Husky durch Tor 1. Husky lag in
Führung! In der 3. und letzten Runde. Doch keine Zeit für Hochgefühle. Husky flog zu schnell
und abseits seiner einstudierten Ideallinie, musste immer weiter nachkorrigieren. Seine
Manövierdüsen überhitzten. Rote Warnmeldungen blitzten auf. Er verlor an Fahrt. Husky
übersteuerte nach innen um die M50 mit den Haupttriebwerke besser einzusetzen, die
Steuerdüsen zu entlasten und den Racer zurück auf Kurs zu bringen. Schon schoß Cats wieder
an ihm vorbei durch Tor 2 und driftete nun um einen fliegenden Gebäudekomplex hinab zu Tor
3. Sarah und drei weitere Schiffe sausten ebenfalls heran. Dahinter das Hauptfeld aus mehr als
einem Dutzend Schiffen. Die Führung war dahin das war ihm klar doch um jeden Preis wollte
Husky dem Gewusel des Hauptfeldes entgehen. Er dass er selbst nun zu langsam war, um die
Ideallinie zu fliegen, also riss er sein Schiff bereits im Tor herum um abwärts vor dem Komplex
abzukürzen. Sarahs M50, schoss hinter ihm vorbei gefolgt von einer 350R und verschwand
hinter dem Gebäude.
„Komm schon, komm schon.“ Seine Hand krampfte sich um die Flugkontrollen. Husky jagte
hinab und hoffte inständig dass es durch die Abkürzung gelingen würde trotz seines
Geschwindigkeitsverlustes sich an Tor 3 wieder vor Sarah und den Verfolgern einzureihen. Tor 3
kam in Sicht. Cats schoß weit vor ihm hindurch während Husky wieder in die Strecke
einscherte, von oben sah er das Verfolgerfeld hinter dem Gebäude auftauchen und auf ihn zu
jagen. Die Flake drifte durch das Tor und zündete die Nachbrenner. Während Husky wieder an
Fahrt gewann, schob Sarah sich langsam heran. Die 350R tauchte nach oben weg und
verschwand im Labyrinth der fliegenden Gebäude. Husky war wieder auf Kurs und flog
gleichauf mit Sarah, doch sie blockierte seine Ideallinie. Er wich seitlich aus und fiel hinter sie
zurück. Cats war auf und davon. Wie aus dem nichts tauchte plötzlich die 350R zwischen den
Gebäuden auf und schoss vor Ihnen durch den nächsten Ring. Platz 4 also und hinter Sarah
und in der letzten Runde. „Verfluchter Mist.“ fluchte Husky und versuchte sich nicht von seiner
Frustration ablenken zu lassen. Es hatte so gut angefangen. Das konnte doch nicht wahr sein.
Plötzlich vibrierte das Steuer, seine Schilde flackerten auf. Fast hätte er ein zu überrundendes
Schiff gerammt. Er flog eine Fassrolle, überholte und schoss durch das nächste Tor.
„Konzentration!“ ermahnte er sich. Sarahs M50 schien nicht mehr ganz optimal zu laufen denn
immer wieder konnte er sich beim Beschleunigen seitlich fast an ihr vorbeischieben. Doch sie
blieb eisern und präzise auf seiner Ideallinie ließ ihn keinen Rhythmus finden. So tanzte die
Flake um sie herum musste sich aber immer wieder hinter ihr einreihen. Frustiert registrierte
Husky dass die zweitplatzierte 350R sich zunehmend von Ihnen absetzte und Ihn eine
neongelbe Razor von hinten immer mehr bedrängte und versuchte ihn abzudrängen und zu
überholen. Wer war dieser Kerl. Ohne Rücksicht auf Verluste behakte dieser Verrückte ihn von
hinten und er hatte Mühe ein Kollision zu Vermeiden und seine Position zu behaupten. Tor 8,
Tor 9, flackernde Schilde, Kollisionswahnung auf dem HUD. Tor 10. Ihm lief die Zeit davon.
Husky blickte über die Schulter. Nach seinem letzten erfolglosen Überholversuch hatte der
gelbe Flitzer etwas übersteuert und war nun etwas zu zurückgefallen was Husky mehr Raum
gab. Sie waren nun im Anflug auf Tor 11. Wieder schob er sich neben Sarah. Diesmal gelang es
ihm die Innenbahn zu besetzen und neben ihr zu bleiben und sie schossen dicht an dicht durch
das Tor. Er riss hart nach Oben und gab vollen Schub. Sie fiel neben ihm zurück. Er fokussierte
sich ganz auf die Strecken vor ihm. Tor 12 Das Ziel rückte näher. Tor 13, abwärts zu Tor 14.
Hinter ihm Sarah und die Razor. Vor ihm schossen Feuerwerksraketen in die Luft. Cats hatte
gewonnen. Husky jagte dem Ziel entgegen. Sarah und die Razor dicht auf seinen Fersen. Jetzt
keinen Fehler mehr machen. Nur noch wenige hundert Meter dann hätte er es geschafft. Er
würde seine kurze MurrayCup Karriere mit einem respektablen 3 Platz als 21ter der Saison
abschließen. Vielleicht würde ihn ja doch ein anderes Team nehmen. Direkt hinter der 350R
tauchte die Flake in den Zieltunnel und flog in dritter Position liegend über die Ziellinie.
Geschafft. Als er aus dem Zieltunnel schoß zog er senkrecht nach oben. Er war dritter. Gut,
aber eben nur ein Platz vor Sarah. Husky blickte über die Schulter zurück.Sah unter sich die
neongelbe Razor aus dem Tunnel schießen. Dahinter Sarahs M50. Dahinter! Keuchend ließ er
die Luft entweichen, die er unwillkürlich angehalten hatte. Sarah war doch nur 5te geworden.
Dieser Verrückte in der Razor musste sie im Zieltunnelüberholt haben.
Wie im Trance steuerte Husky das Schiff zur Wartungsplattform. Er konnte keinen klaren
Gedanken mehr fassen. Hätte er besser kein Überholmanöver im Tunnel versuchen sollen.
Hätte er erster werden können? Zweiter? Dritter? Verdammt er war Dritter. Sarah war 5te, das
hieß, er war qualifiziert für die Finalrunde des MurrayCup. Das Fahrwerk setzte auf, mechanisch
fuhr er die Systeme herunter und er schwang sich aus dem Cockpit. Benebelt schaute er sich
um.
Da fiel sein Blick auf das Grinsen von Victor Garnsky seinen Chefmechaniker. „Habe ich es
nicht gesagt. Sie kann es! Mein Zauberflöckchen kann es! Sie ist eine Finallistin. Selbst mit
einem Paddel wie dir am Steuer.“ Husky lehnte sich an sein Rennschiff riss den Helm vom Kopf
und wischte sich den Schweiß aus den Augen. Garnsky stürmte an ihm vorbei erklomm die
Leiter und legte Hand und Wange an das Rennschiff und drückte einen Kuss auf den
schimmernden Lack. Dann sprang er herab und umarmte Husky. „Finale hey ho!“ grölte er.
Noch nie hatte Husky den genialen aber sonst eher griesgrämigen Mann so glücklich und
ausgelassen erlebt. Aus den graublauen Augen sprühten ungetrübte beinahe kindliche
Begeisterung und Stolz. Husky grinste. Tatsächlich wusste er selbst nicht, wann er zuletzt so
zufrieden gewesen war.